Die Verbreitung

Lokale Verbreitung

Die zeitgenössischen Überlieferungen von "Stille Nacht!" weisen auf eine Verbreitung im Umfeld der Wirkungsstätten der Schöpfer hin. Es sind dies u.a. Aufzeichnungen des Liedes von Johann Baptist Weindl (Domchoralist und Stadtpfarrchorregent, Stadt Salzburg) aus dem Jahr 1822, Johann Schober (Schullehrer, unbekannter Herkunft) aus dem Jahr 1843, Franz Neubauer (Lehrer, Organist und Mesner, Eugendorf) aus den Jahren 1848/49 und Joseph Wernspacher (Vikar in Forstau, 1836-1843). Die Namen Liedschöpfer waren aber in Vergessenheit geraten.

Im Jahre 1854 bedurfte es in Salzburg sogar einiger Nachforschungen, um deren Namen zu eruieren. Eine Anfrage der Königlich-Preußischen Hofkapelle in Berlin an das Benediktinerstift St. Peter bezog sich auf den/die Schöpfer. In der Folge verfaßte Gruber die "Authentische Veranlassung", in der er die Entstehungsgeschichte festhielt. Der Durchbruch gelang dem "Stille Nacht!"-Lied in seiner Heimat Salzburg erst im Jahr 1866 durch die Aufnahme in ein "offizielles" Kirchenliederbuch.

Zweiblatt

Franz Xaver Gruber: Authentische Veranlassung
30. Dezember 1854, Hallein

Verbreitung Welt Mauracher

Karl Mauracher (1789-1844) Zillertaler Orgelbauer (c) Museum in der Widumspfiste

Weg nach Tirol und ins restliche Europa

"Stille Nacht! Heilige Nacht!" bahnte sich über das Tiroler Zillertal den Weg ins restliche Europa, nach Amerika und in die übrige Welt. Wie und wann genau das Lied ins Zillertal kam, ist nicht restlos geklärt. In Fügen im Zillertal ist es tradierte Überlieferung, daß die Ur-Rainer-Sänger "Stille Nacht!" in der Fügener Kirche bereits in der Christnacht 1819 sangen. Drei Jahre später (1822) sollen es wiederum die Rainer anläßlich eines Besuches von Kaiser Franz I. von Österreich und Zar Alexander I. von Rußland im Schloß des Grafen Dönhoff (Fügen im Zillertal) zum Besten gegeben haben.

Mit der Datierung 22. Juli 1819 fand sich das Lied - mit sieben (!) Strophen - im heute verschollenen Kirchenliederbuch des Blasius Wimmer (Organist und Lehrer in Waidring in Tirol). Gruber schreibt in der authentischen Veranlassung von einem "bekannten Zillerthaler", der das Lied nach Tirol gebracht habe. Dies war der Orgelbauer Carl Mauracher. Er war zumindest 1821 mit der Reparatur der Orgel in Arnsdorf - bei Gruber - beschäftigt und erbaute die Oberndorfer Kirchenorgel im Jahre 1825 neu. Einen Kostenvoranschlag für das Oberndorfer Orgelwerk erstellte er bereits im Jänner 1824. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß Mauracher schon 1819 in Oberndorf und/oder Arnsdorf tätig war. Er dabei das Lied kennenlernte und es ins Zillertal mitnahm. Mauracher benützte bei seinen Reisen meist den Gerloss Paß. Geschäftliche Angelegenheiten könnten ihn aber ebenso über den Paß Strub zu Blasius Wimmer in Waidring geführt haben - so wäre die Niederschrift in dessen Orgelbuch zu erklären.

Aus dem Zillertal hinaus trugen "Stille Nacht!" die Sängerfamilien Rainer (Fügen) und Strasser (Laimach). Beide Sängergruppen unternahmen bereits in den 1820er Jahren ausgedehnte Reisen durch Europa (Deutschland, England). Ob sie bereits in den 1820er Jahren "Stille Nacht!" in ihrem Repertoire hatten, wissen wir nicht. Belegt ist die Aufführung des Liedes durch die Familie Strasser aber dann für das Jahr 1832 in Leipzig. Das "Leipziger Tagblatt" schrieb dazu: "Das Concert der Geschwister Strasser, am 15. December 1832 ... Auch hatten die Sänger dem in diesem Blatte ausgesprochenen Wunsche, das schöne Weihnachtslied: ‘Stille Nacht, heilige Nacht’ vorzutragen, freundlich entsprochen." Der im Tagblatt schon vor dem Konzert ausgesprochene Wunsch zur Aufführung des Liedes deutet auf seine Bekanntheit in Leipzig hin - vielleicht von einer Darbietung aus dem Vorjahr. Der Aufführung in Leipzig folgte der Erstdruck, der vermutlich 1833 durch den Verlag A.R. Friese (Dresden u. Leipzig) geschah. In einem Notenheft mit dem Titel "Vier ächte Tyroler Lieder" findet sich "Stille Nacht!" - allerdings ohne die Namen seiner Schöpfer und erheblich verändert!

Strasser

Geschwister Strasser, um 1833

Stich rainer01

Rainer-Sänger (c) Gemeinde Fügen, Kathrin Gollackner

Weg in die "Neue Welt"

Unter dem Namen "Rainer- Family", mit Ludwig Rainer (Sohn der Maria Rainer aus Fügen - 2. Generation!), brach die Sängergruppe 1839 zu einer Amerikareise auf, die bis 1843 dauerte. Überliefert ist die Aufführung von "Stille Nacht!" im Rahmen dieser Reise für den Weihnachtstag 1839 - vermutlich erstmals auf amerikanischem Boden - in New York vor dem Alexander Hamilton Memorial im Friedhof der Trinitiy Church am Ende der Wall Street. Zu Sprachstudien, Festlegung des Reiseprogrammes und Organisation geschäftlicher Angelegenheiten machten die Rainer-Sänger von November 1839 bis Jänner 1840 in New York Station.

Übersetzungen in die englische Sprache (auch im Druck) kennen wir aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Auf der Wiener Weltausstellung taucht "Stille Nacht!" in einem dort gezeigten nordamerikanischen Schulhaus als "Choral of Salzburg" auf . Zur Jahrhundertwende wurde "Stille Nacht!" - verbreitet durch katholische und protestantische Missionare - auf allen Kontinenten gesungen. Heute kennen wir Übersetzungen des Liedes in 300 verschiedene Sprachen und Dialekte (Sammlung Wallace Bronner, Frankenmuth, Michigan, U.S.A.).

Literatur

Bronner, Wallace: Die Rezeption von "Stille Nacht! Heilige Nacht!" in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Mexiko und Kanada. In: Hochradner, Thomas / Walterskirchen, Gerhard (Hg.): 175 Jahre "Stille Nacht! Heilige Nacht!". Symposiumsbericht (Reihe: Veröffentlichungen zur Salzburger Musikgeschichte, Band 5), Salzburg 1994, S.238-244. Gassner, Josef: Franz Xaver Grubers Autographen von Stille Nacht Heilige Nacht mit der Geschichte des Liedes.- Oberndorf 1968. Gehmacher, Max: Stille Nacht, heilige Nacht! Das Weihnachtslied - wie es entstand und wie es wirklich ist.- Oberndorf 1988 (erw. Neuauflage). Franz Xaver Gruber / Joseph Mohr: Weihnachtslied "Stille Nacht! Heilige Nacht!". Die autographen Fassungen und die zeitgenössischen Überlieferungen [GWV 145]. Im Auftrag der Stille-Nacht-Gesellschaft vorgelegt von Ernst Hintermaier (Denkmäler der Musik in Salzburg, Einzelausgaben, Heft 4).- Bad Reichenhall 1987. Reiter, Martin: Die Zillertaler Nationalsänger im 19. Jahrhundert.- St. Gertraudi 1989.

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